Grundlagen der Saiteninstallation


Foto: Burgfeld

Saiteninstallationen in dieser Größenordnung von Langen Saiten bis zu über 100 Metern Länge wurden erstmals ab 1993 von Renate Hoffleit und Michael Bach Bachtischa entwickelt. Hier kommt die Longitudinalschwingung der Langen Saiten zum Klingen, eine Schwingungsform, wie sie bei herkömmlichen Instrumenten kaum eine Rolle spielt. Die Frequenz der Longitudinalschwingung ist grundsätzlich unabhängig von Spannung und Saitendurchmesser. Diess bedeutet, daß die Frequenz der Langen Saite in einem umgekehrt  proportionalen Verhältnis zu ihrer Länge steht. Als Beispiel: Eine halb so lange Saite hat die doppelte Frequenz.

Basierend auf diesem Prinzip lassen sich nun spezifische Charakteristiken eines Innenraums, eines Geländes oder einer Landschaft akustisch definieren. Die Orte der Saiteninstallationen ergeben somit einen Klangvorrat, der als ein genuines Tonsystem  aufgefaßt werden kann. Diese akustischen Besonderheiten eines Ortes, die nicht auf seinen Echowirkungen und seinem Nachhall sondern auf seinen Distanzen beruhen, bilden im übertragenen Sinn den akustischen „Fingerabdruck“ einer Saiteninstallation.

Die Langen Saiten selbst erklingen nicht in einer hörbaren Lautstärke, aber sie geben ihre Energie an Resonatoren ab, die an ihren Enden befestigt sind. Deshalb kann eine Saiteninstallation auch derart angelegt sein, daß sich ein Renonator nur an einem Ende einer Saite befindet. In diesem  Falle ist es möglich, daß die Zuhörer oder Spieler, den Klang einer Saite aus der Ferne wahrnehmen, z. B. wenn sich Spieler und Publikum am Ufer eines Sees befinden und die Langen Saiten auf eine Insel in dessen Mitte zulaufen, wo sich der solitäre Resonator befindet.

Jahrzehntelange Erfahrung haben nicht nur zur Perfektionierung der Resonatoren geführt sondern auch zur Herausbildung von unterschiedlichen Spieltechniken der Langen Saiten, die mit einkolophonierten Fingern gerieben werden. Befindet sich die Saiteninstallation im Außenbereich, so wurde auch für Regensituationen eine Spielmöglichkeit perfektioniert.

Ein weiteres Klangphänomen sind „stehende Klänge“ der Langen Saiten. Diese werden durch Wind, ähnlich wie bei einer Windharfe, produziert. Sie können bei günstigen Konditionen, die Windstärke, –winkel, Saitendicke und –spannung betreffend, extrem laut werden. Dabei changiert das Obertonspektrum langsam, aber beständig. Leisere Klänge infolge der Einwirkung von Natur- oder Umweltgeräuschen auf die Langen Saiten können mittels Kontaktmikrophonen ebenfalls abgenommen und wiedergegeben werden.

Die visuelle Komponente einer Saiteninstallation spielt eine gleichwertige Rolle. Es entstehen Sichtlinien infolge der im Licht glitzernden Langen Saiten. Da die Saiten sehr dünn sind (0,3- 0,5 mm), haben sie ein geringes Gewicht, so daß sie selbst bei großen Entfernungen kaum sichtbar durchhängen. Der Ort der Saiteninstallation wird auf diese Weise vermaßt und in seinen drei Dimensionen visuell verdeutlicht und interpretiert. Das Auge des Betrachters folgt diesen Saitenlinien zu einem Objekt und ggf. darüber hinaus in die Landschaft oder Architektur. Saitenspieler bewegen sich an den Langen Saiten entlang und durchschreiten den Raum. Visuelle und akustische Eindrücke durchmischen und ergänzen sich zu einem ganzheitlichen Erlebnis, das, da Saiteninstallationen Kreationen auf Zeit sind, im Gedächtnis der Menschen mit dem Aufführungsort verbunden bleibt.

Von diesen charakteristischen Gegebenheiten ausgehend, entstehen in aller Regel Kompositionen, die diese akustische und räumliche Situation mittels einer Performance mit Saitenspielern ausloten.

 

Weitere Information:
https://de.wikipedia.org/wiki/Saiteninstallation
Physikalische Eigenschaften von Langen Saiten